Alte Betone waren nicht mehr sicher
Von Jan Iven
Weißenfels - Die Einblicke erinnern ein bisschen an ein großes Puppenhaus: Möbel, Wäscheständer und sogar Bierkästen können die Weißenfelser derzeit auf den offenen Balkonen an dem Neubau von der Merseburger Straße aus sehen. Denn an dem Gebäude mit der Adresse Neumarkt wurden zuletzt die alten Betonbrüstungen abmontiert. In den kommenden Wochen werden sie durch neue Fronten aus Metall und Kunststoff ersetzt. Rund 250.000 Euro kostet die Sanierung der Vorderseite.
Die Arbeiten haben einen ernsten Hintergrund. „Wir haben bei Untersuchungen festgestellt, dass die Betonkonstruktionen und die Statik aus DDR-Zeiten mittlerweile erhebliche Mängel aufweisen“, sagte Kathleen Schechowiak, Geschäftsführerin der kommunalen Wohnungsbau Wohnungsverwaltung Weißenfels (WVW). Zwar sei kein Beton abgestürzt und es sei auch sonst zu keinen Unfällen gekommen. Dennoch hätte Handlungsbedarf bestanden.
87 Wohnungen gesperrt
Und so waren die Balkone der insgesamt 87 Wohnungen für die Mieter vor einigen Wochen gesperrt worden. „Dafür haben wir natürlich eine entsprechende Mietminderung eingeräumt“, sagte die WVW-Geschäftsführerin. Die Bewohner seien rechtzeitig informiert worden. Allerdings seien nicht alle Mieter der Bitte nachgekommen, ihre Balkone für die Arbeiten freizuräumen.
Die Wohnungen an der Südseite des L-förmigen Neubaus gehören hingegen der Wohnungsgenossenschaft Weißenfels (WBG). Die Genossenschaft hat seit Beginn des Jahres ebenfalls die Vorderseiten ihrer Balkone erneuert. Auch dort war die Sicherheit gefährdet. Allerdings sind die Arbeiten bereits abgeschlossen. „Wir mussten einfach etwas machen“, sagte Rene Doll, Leiter der Buchhaltung der WBG. Zumal Wohnungen ohne Balkon immer schwerer zu vermieten seien. Zwar habe es noch keine Aufforderung seitens der Behörden für die Erneuerungen der Balkonfronten gegeben. „Aber Sicherheit geht für uns natürlich immer vor“, sagte Doll. Die Sanierung der Balkone für 116 Wohnungen hat die Genossenschaften ebenfalls rund 250.000 Euro gekostet.
Unterschiedliche Wege
Bei den Arbeiten sind die Genossenschaft und die kommunale Gesellschaft allerdings unterschiedliche Wege gegangen. So hat die WBG die herausstehenden Auflieger für die Betonfronten an den Vorderseiten belassen. „Die Entfernung wäre aufwendig, laut und schmutzig geworden. Das wollten wir unseren Bewohnern nicht zumuten“, sagte Rene Doll. Und so konnten die Arbeiten zügig vorangehen. In den vergangenen drei Monaten wurde jeden Tag eine Brüstung abmontiert und noch am selben Tag ersetzt. Die einzelnen Balkone waren damit jeweils nur wenige Stunden komplett offen.
Die WVW hat hingegen erst einmal alle Brüstungen abbauen lassen. Dafür wurden zunächst Löcher in den Beton gebohrt, durch die eine stabile Kette geführt wurde. Daran konnte ein Kran die Vorderseiten hochziehen und entfernen. Auch die Betonauflieger sollen noch abgebaut werden, da sie nicht mehr gebraucht werden. Bis diese Arbeiten abgeschlossen sind, werden die Balkone jedoch noch tagelang offen bleiben. Ungewöhnlich findet WVW-Geschäftsführerin Schechowiak dieses Vorgehen nicht. „Das hängt auch von den Bauunternehmen ab. Wir haben einfach eine andere Methode gewählt“, erläuterte sie. Zumal die Arbeiten Richtung Merseburger Straße auch besonders aufwendig seien, da für die großen Baufahrzeuge erst noch ein eigener Weg geschaffen werden musste. Die Arbeiten soll nun Mitte bis Ende Mai abgeschlossen werden. (mz)