Von Andreas Richter
Der Oberbürgermeister Stadt Weißenfels Robby Risch (parteilos) zieht die Beschlussvorlage zum Haushalt zurück. Der Rückzug stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit einem zuvor gefassten Beschluss des Aufsichtsrates der Wohnungsbau Wohnungsverwaltung Weißenfels (WVW).
WEISSENFELS/MZ - Die Stadt Weißenfels steht weiter ohne aktuellen Haushalt da. Oberbürgermeister Robby Risch (parteilos) hat am Donnerstagabend im Stadtrat eine Beschlussvorlage zum Haushalt zurückgezogen. Nachdem der Verwaltungschef kurz vor der öffentlichen Sitzung die Fraktionsvorsitzenden hinter den Kulissen über seinen Entschluss informiert hatte, gab es im Rat vor zahlreichen Einwohnern auf der Empore des Ratssaals keine Erklärung für die Fortsetzung der Hängepartie in Sachen Haushalt.
Erst am Donnerstag bestätigte Risch auf MZ-Anfrage, dass der Rückzug in unmittelbarem Zusammenhang mit einem zwei Tage zuvor gefassten Beschluss des Aufsichtsrates der Wohnungsbau Wohnungsverwaltung Weißenfels (WVW) steht. Dieser hatte den Kauf städtischer Grundstücke durch die kommunale Wohnungsgesellschaft abgelehnt. Weil im bisherigen Haushaltsentwurf jedoch mit Einnahmen aus Grundstücksverkäufen gerechnet wurde, klafft nun ein Defizit von rund 700 000 Euro im Finanzplan des Haushalts. Da das Geld vor allem als städtischer Eigenanteil für die Inanspruchnahme von Fördermitteln vorgesehen war, umfasst das Defizit laut Risch praktisch jedoch mehr als zwei Millionen Euro.
„Wir werden um Streichungen bei Investitionen nicht herum kommen“, kündigte der Verwaltungschef an. Der Stadtrat werde sich positionieren müssen, allerdings sei dies eben binnen zwei Tagen bis zum Mai-Stadtrat nicht zu leisten gewesen. Laut Oberbürgermeister stehe nun ein „bunter Strauß von Maßnahmen“ zur Disposition. Das reiche von den Arbeiten an der Klosterstraße 1 und 3 über den Radwegebau bis hin zum Abriss des alten Kulturhauses in Großkorbetha. Risch stellte zugleich dar, dass die geplante Saalebrücke zwischen Leißling und Lobitzsch nicht zur Disposition stehe. Ebensowenig die energetische Sanierung der Berg-Grundschule, da diese über das Stark III-Programm finanziert werde. Risch machte deutlich, dass er den Haushaltsentwurf spätestens auf der regulären Stadtratssitzung am 13. Juni erneut vorlegen wolle. Zu prüfen sei auch eine vorgezogene Ratssitzung.
Der Stadtrat hatte im April den von der Verwaltung vorgelegten Haushaltsentwurf abgelehnt. Zahlreiche Redner hatten seinerzeit bereits kritisiert, dass der Erlös aus Grundstücksverkäufen an die WVW im Haushalt eingerechnet ist, obwohl der Aufsichtsrat dem Kauf noch nicht zugestimmt hatte.
Kommentar: Verrechnet
Jene Stadträte hatten offenbar den richtigen Riecher, die ihr Ja zum Weißenfelser Haushalt im April von der Zustimmung des WVW-Aufsichtsrates zum Kauf städtischer Grundstücke abhängig gemacht hatten. Denn nun stellt sich heraus: Der Finanzplan der Verwaltung basierte auf einem ungedeckten Scheck. Der Aufsichtsrat der städtischen Wohnungsgesellschaft hat eben nicht zugestimmt - und plötzlich ist da ein Loch von 700 000 Euro. Oberbürgermeister Risch hat sich offensichtlich verrechnet.
Nun stellt er die Stadträte vor die Aufgabe, Investitionen, die zum Teil letztmalig mit Fördermitteln hätten unterstützt werden können, zu streichen. Das hätten sie wohl auch tun müssen, wenn Risch die unsicheren Einnahmen aus Grundstücksverkäufen nicht schon einfach mit eingerechnet hätte. Nun aber drängt die Zeit. Denn Weißenfels braucht zur Jahresmitte endlich einen Haushalt. Das Vertrauen in die Haushaltsführung des Verwaltungschefs dürfte nach diesem Fall jedenfalls nicht größer geworden sein.
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